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Das Reifegradmodell


In Anlehnung an den Acatech Industrie 4.0 Maturity Index, der 2017 im Konsortium federführend vom FIR an der RWTH Aachen entwickelt wurde,
entstand im Rahmen des Forschungsprojekts SEMF ein Reifegradmodell für das Ersatzteilmanagement.


Zur Entwicklung des Reifegradmodells wurden die wichtigsten Handlungsfelder des Ersatzteilmanagements (vgl. Abbildung äußere Schicht) definiert und den 5 Gestaltungsfeldern (vgl. Abbildung innere Schicht) im Reifegradmodell zugeordnet: Organisation, Daten und Informationen, Wissen, Planung und Kultur.

Dabei setzt sich Gestaltungsfeld Organisation beispielsweise aus den Themenfeldern "Prozesse" und "Verantwortlichkeiten" zusammen. Zu jedem Themenfeld wurde ein Fragenbogen entwickelt, dessen Beantwortung eine Bewertung des Unternehmens im jeweiligen Themenfeld ermöglicht. Aus den Einzelbewertungen der jeweils zugeordneten Themenfelder ergibt sich in Folge die Bewertung des gesamten Gestaltungsfeldes.

Die 5 Gestaltungsfelder im Einzelnen:

Organisation

Das Gestaltungsfeld Organisation beschreibt die Aufbau- und Ablauforganisation innerhalb eines Unternehmens, wobei die Ablauforganisation vom Themenfeld Prozesse und die Aufbauorganisation vom Themenfeld Verantwortlichkeiten beschrieben wird.



  • Prozesse

    Im Themenfeld Prozesse wird überprüft, inwieweit die Abläufe im Unternehmen hinsichtlich des Ersatzteilmanagements definiert sind und eingehalten werden. Dies umfasst beispielsweise die Stammdatenpflege der Ersatzteile oder die Prozesse der Lagerhaltung.


  • Verantwortlichkeiten

    Das Prozessmanagement benötigt für eine wirksame Umsetzung geregelte und klare Verantwortlichkeiten. Daher ist die Definition der Prozess-Verantwortlichkeiten im Ersatzteilmanagement ein kritischer Erfolgsfaktor, der in diesem Themenfeld überprüft wird.



Daten und Informationen

Das Gestaltungsfeld Daten und Informationen umfasst die Erfassung, Strukturierung und Qualität der im Ersatzteilmanagement erforderlichen Daten und Informationen, die für die Daten und -Informationsgenerierung in den Gestaltungsfeldern Wissen und Planung benötigt werden. Entsprechend bauen diese Gestaltungsfelder auf dem Gestaltungsfeld Daten und Informationen auf. Denn nur auf Basis einer soliden Datengrundlage können Entscheidungen, etwa die Festlegung des Sicherheitsbestands, getroffen werden.



  • Datenerfassung

    Im Themenfeld Datenerfassung wird überprüft, ob die für das Ersatzteilmanagement relevanten Daten erfasst werden. Dies kann sowohl die Absatzmenge der Ersatzteile über die Zeit als auch die aktuelle Bestandsmenge im System beinhalten.


  • Stammdaten

    Die Stammdaten umfassen einerseits die Grundinformationen über die gelagerten Ersatzteile, andererseits auch Informationen über Wiederbeschaffungszeiten.


  • Datenqualität

    Eine hohe Güte und Genauigkeit der Daten, inklusive einer kontinuierlichen Datenpflege ist unerlässlich, um Entscheidungen auf deren Basis zu treffen.



Wissen

Dieses Gestaltungsfeld umfasst die Verwendung der im vorherigen Gestaltungsfeld aus Daten erzeugten Information. Da diese Informationen für sich genommen noch nicht sehr aussagekräftig sind, kann durch eine Analyse und Weiterverarbeitung Wissen erzeugt werden. Dieses Wissen bildet anschließend eine fundierte für Entscheidungen. Ein Beispiel für eine solche Weiterverarbeitung von Daten ist die Artikelstrukturierung. Auf Basis einer ABC-Analyse lassen sich Artikelklassen bilden, für die eine jeweilige Dispositionsstrategie festgelegt werden kann. So sinkt der Aufwand für Planungsaufgaben, da Dispositionsstrategien nicht mehr für jedes einzelne Ersatzteil festgelegt werden müssen.



  • Informationssysteme

    Dieses Themenfeld nimmt die im Einsatz befindlichen Informationssysteme unter die Lupe und prüft die Effizienz hinsichtlich Bereitstellung und Verarbeitung von Informationen und Wissen. Manuelle Aufschriebe bei der Lagerhaltung fördern beispielsweise ein effizientes Ersatzteilmanagement eher nicht.


  • Informationsnutzung

    Die zur Verfügung stehenden Informationen können durch entsprechende Aufbereitung dazu genutzt werden, Wissen über das Ersatzteilmanagement des Unternehmens oder einzelne Ersatzteile zu erlangen. Ein Beispiel hierfür sind Kennzahlen wie der Lieferbereitschaftsgrad.


  • Artikelstrukturierung

    Wie bereits oben erwähnt, kann eine Artikelstrukturierung die Planungsaufgaben des Ersatzteilmanagements erheblich vereinfachen. Daher wird in diesem Themenfeld die Artikelstrukturierung eines Unternehmens untersucht.



Planung

Das Gestaltungsfeld Planung umfasst die Themenfelder Bedarfs-, Bestands- und Beschaffungsplanung und ist stark abhängig von den Gestaltungsfeldern Daten und Information und Wissen, da auf die hier zuvor gesammelten Informationen zurückgegriffen und diese weiterverarbeitet werden.




  • Bedarfsplanung

    Die Prognosen der zukünftigen Bedarfe sind eine wichtige Aufgabe der strategischen und operativen Planung der Ersatzteillogistik. Sie bilden die Grundlage für weitere Dispositionsvorgänge wie der Bestands- und Beschaffungsplanung.


  • Bestandsplanung

    In diesem Themenfeld wird überprüft, inwieweit die Bestandsplanung zur Ermittlung von Grund- und Sicherheitsbestände genutzt wird. Dabei werden die Bedarfsprognosen als Einflussfaktoren hinzugezogen.


  • Beschaffungsplanung

    Die Beschaffungsplanung basiert auf der Bedarfs- und Bestandsplanung und hat die Aufgabe, die für die eigene Instandhaltung oder für den After-Sale benötigten Ersatzteile anforderungsgerecht und kostenoptimal bereitzustellen. Für diesen Zweck müssen Informationen wie die Wiederbeschaffungszeit und die Bestandshöhe der Ersatzteile vorliegen, da diese wichtige Entscheidungskriterien für die Bestandsplanung darstellen.



Kultur

Dieses Gestaltungsfeld ist unabhängig von den anderen Themenfeldern und kann daher weitestgehend unabhängig betrachtet werden. Es beschreibt die im Unternehmen vorherrschende Kultur in Bezug auf die Mentalität der Mitarbeiter und ihrem Bewusstsein über die Wichtigkeit und die Nutzenpotentiale des Ersatzteilmanagements.



  • Mitarbeiter

    Ein wichtiger Faktor für das Ersatzteilmanagement sind die beteiligten Mitarbeiter, wobei das Vertrauen der Mitarbeiter in die Prozesse betrachtet und ob die notwendigen Kompetenzen vorhanden sind.


  • Bewusstsein

    In vielen KMU führt das Ersatzteilmanagement ein Schattendasein und möglichen Potentiale werden weder wahrgenommen noch ausgeschöpft. Daher soll in diesem Themenfeld das allgemeine Bewusstsein über die Wichtigkeit des Ersatzteilmanagements betrachtet werden.




Der SEMF-Check ist entstanden im Forschungsprojekt „SEMF – Entwicklung einer toolgestützten Entscheidungshilfe zur Etabilierung eines systematischen Ersatzteilmanagements für KMU der Fertigungsindustrie“. Dieses IGF-Vorhaben 20484 N der Forschungsvereinigung FIR e. V. an der RWTH Aachen, Campus-Boulevard 55, 52074 Aachen wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

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